Tag gegen Gewalt an Frauen: Experten warnen vor Sexkaufverbot

Veröffentlicht am 03. Dezember 2019

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25.11.2019 haben eine Vielzahl an Fachverbänden und Beratungsstellen vor einem Verbot der Prostitution in Deutschland nach dem Vorbild des Nordischen Modells gewarnt. Eine sich unter Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien abzeichnende Debatte darüber erfülle Fachleute mit tiefer Sorge, erklärte die Deutsche Aidshilfe heute zusammen mit anderen Organisationen in Berlin.

Das "Nordische Modell"

Auf dem Weltkongresses gegen sexuelle Ausbeutung im Frühjahr in Mainz haben Befürworter eines Sexkaufverbotes ihre Forderungen bekräftigt. Ihrer Meinung ist ein Verbot aller bezahlten sexuellen Handlungen, das ausschließlich die Freier unter Strafe stellt, die wirksamste Methode, um die Nachfrage nach bezahltem Sex einzudämmen. Schweden, Norwegen und Island haben ihre jeweils unterschiedlichen Modelle des Sexkaufverbots vorgestellt, die alle zum Ziel haben, einerseits die Nachfrage zu verringern und andererseits die Gesellschaft aufzuklären. Die Kriminalisierung soll auf die Kunden abschreckend wirken. Es beginne damit, die Nachfrage durch Geldstrafen einzudämmen. Das finale Ziel sei, den Prostituierten mit gezielter Aufklärung und Unterstützung den Ausstieg aus dem Milieu zu erleichtern.

Offiziellen Angaben zufolge hat sich seit der Einführung des Nordischen Modells der Straßenstrich in Schweden von 1999 bis 2010 halbiert. Mittlerweile sprechen die Regierungen der betreffenden Länder von einem generellen Rückgang von Prostitution und Escort Service. Das liege unter anderem daran, dass innerhalb der Bevölkerung bei immer mehr Menschen ein Umdenken zu dem Thema stattgefunden hätte. Als Begründung für die ursprüngliche Einführung des Sexkaufverbots wird angeführt, nach der Legalisierung von käuflichem Sex haben auch der Menschenhandel sowie das illegale Anschaffen deutlich zugenommen.

Käufliche Liebe oder moderne Sklaverei?

Experten die sich im Rotlichtmilieu auskennen, finden es scheinheilig, das Problem an den Sexarbeiterinnen festzumachen. Sie fürchten der rigide Umgang befeuere es eher und fördere die Illegalität von käuflichem Sex. Amnesty International argumentiert, die umstrittene Regelung ziele auf den Berufsstand und nicht auf das eigentliche Problem, den Menschenhandel ab. Es sei nicht zulässig, wegen der kriminellen Auswüchse das gesamte Metier zu diskriminieren. Das schade den Menschen, die aus eigenem Entschluss als Escort oder Prostituierte arbeiten, ohne das eigentliche Problem zu bekämpfen, die Zwangsprostitution. Entgegen der genannten positiven Zahlen aus Skandinavien, sei es von den parteienübergreifenden Befürwortern in der Politik ein falscher Ansatz zu glauben, Sexarbeit ließe sich mit einem Verbot aus der Welt schaffen. Käufliche Liebe habe es schon immer gegeben und werde es immer geben. Es könne folglich keine Lösung sein, den Beruf generell unter Strafe zu stellen.

Auch die Deutsche Aidshilfe, der Frauenrat, der Juristinnenbund und andere Verbände wenden sich gegen die Kriminalisierung von käuflicher Sexualität, solange sie einvernehmlich zustande kommt. Ihr Hauptargument ist, mit einem Verbot würden weder die Ursachen noch die damit verbundene Kriminalität angegangen. Solange Armut und Arbeitslosigkeit Frauen dazu zwinge, sexuelle Handlungen gegen Geld anzubieten, würde die angestrebte Abschaffung der Prostitution diese nur in eine Grauzone verlagern, die nicht mehr von staatlicher Seite kontrollierbar sei. Die Armut in Europa treibe viele Frauen zwangsweise nach Deutschland. Die hiesige Legalität von Sexarbeit fördere weniger den Sextourismus aus anderen Ländern als dass sie versuche, positiven Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Prostituierten in Deutschland zu nehmen.

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Mehr Sicherheit durch bessere Arbeitsvoraussetzungen

Experten warnen vor einer Grauzone, in der Sexarbeit jenseits jeglicher staatlicher Kontrolle stattfindet. Mit der Legalisierung 2002 wurde erkannt, dass nur durch gesellschaftliche Anerkennung ihres Berufszweigs eine wirkliche Stärkung der Rechte der Prostituierten und des Escort Service gelingen kann. Der Zugang zu den Leistungen der Sozialversicherung, d.h. eine Krankenversicherung und die Altersabsicherung durch die Zahlung von Rentenbeiträgen schützt vor unbehandelten Krankheiten und mindert spätere Altersarmut. Das Recht mit einer Kollegin gemeinsam eine Wohnung zu gewerblichen Zwecken anmieten zu können, holt die Frauen vom Straßenstrich und aus Großbordellen. Gleichzeitig verringert eine gemeinsame Wohnung die Gefahr für eine alleinstehende Frau, Opfer einer Gewalttat zu werden. Mit der Verweigerung von sicheren Arbeitsbedingungen drängt man Sexarbeiterinnen nur an den gesellschaftlichen Rand und vergrößert ihre Abhängigkeit von Zuhältern. Hilfsangebote von staatlicher Seite und von anerkannten Verbänden unterstützen dagegen solche Menschen, die gesundheitliche, aufenthaltsrechtliche und soziale Probleme haben. Anerkannter Teil der Gesellschaft zu sein und die gleichen Rechte und Pflichten wie Arbeitnehmer aus anderen Berufszweigen zu haben, verhindert Stigmatisierung sowie die Gefahr Opfer von Kriminalität zu werden.

Wertschätzung einfordern

Der Ansatz eines generellen Sexkaufverbots ist ein falscher Ansatz. Dennoch ist es wichtig, die menschenverachtenden Auswüchse von käuflichem Sex, die Frauen zur Ramschware in Großbordellen machen, unter die Lupe zu nehmen. Betroffene müssen unbedingt besser vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden. Jedoch warnt die Fachwelt eindringlich davor, jegliche Prostitution mit Zwangsprostitution gleichzusetzen. Zum Schutz aller Prostituierten müssen Bordelle, Saunas und Sex-Clubs strengen Kontrollen unterliegen. Nicht um die Frauen zu unterdrücken, sondern um sie und ihre Arbeit nach außen hin aufzuwerten. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Gesundheits- und vor allem die HIV-Prävention.

Gegenüber einem generellen Sexkaufverbot gibt es sinnvolle Alternativen, die den Status von Sexarbeitern verbessern helfen, anstatt sie weiter an den Rand der Gesellschaft abzuschieben. Nur mittels professioneller Hilfsangebote können Prostituierte ihre Lebenssituation verbessern. Neben der Gesundheitsvorsorge und sicheren Arbeitsbedingungen gehört dazu auch die Ausstiegsberatung auf Wunsch, die Alternativen aufzeigt und Unterstützung bei der Jobsuche sicherstellt. Beratungen hierzu bieten "Hilfe für Frauen" der Diakonie Deutschlands, der Deutsche Frauenrat, die Deutsche Aidshilfe sowie Gesundheitsämter und Prostituierten-Selbsthilfeorganisationen.

Es ist ein wünschenswerter Nebeneffekt der aktuellen Diskussion um das Prostitutionsverbot, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Sexarbeiterinnen in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken.

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Fazit

Sexworker-Organisationen und Menschenrechtsorganisationen bekräftigen die Notwendigkeit gesetzlicher Rahmenbedingungen. Käuflicher Sex verschwindet nicht plötzlich, nur weil ein Verbot ausgesprochen wurde und die gesamte Branche damit kriminalisiert wird. Im Gegenteil wandert sie damit nur noch weiter an den Rand der Gesellschaft. Das dient dem weiteren Missbrauch der Frauen, die aus Not dazu gezwungen werden, körperliche Liebesdienste anzubieten. Viel wichtiger ist der Ausbau an offiziellen Anlaufstellen, die Beratung und gezielte Hilfestellung anbieten, die dem Schutz der betroffenen Frauen dienen. Nur wenn man die Frauen anerkennt und ihnen Respekt entgegenbringt, kann man ihr Ansehen in der Öffentlichkeit verbessern und sie vor Übergriffen schützen. Gegen Ausbeutung helfen nur Selbstbestimmungsrechte und ein Platz inmitten der Gesellschaft, anstatt an ihrem Rand.