Das Rotlicht Business nach über einem Jahr Corona

Veröffentlicht am 05. April 2021

Über ein Jahr Corona-Krise liegt hinter uns und keine Branche ist von den Folgen verschont geblieben. Doch während die Sorgen von etwa Einzelhandel oder Gastronomie in aller Munde sind, gibt es vergessene Branchen, deren Schwierigkeiten nur die Betroffenen zu interessieren scheinen. Und dazu gehört fraglos die Prostitution. Als unbeliebtes Stiefkind der Wirtschaft will sich scheinbar niemand so wirklich damit beschäftigen, was Berufsverbote, Schließungen und verwirrende Regelungen für Bordellbetreiber und SexarbeiterInnen bedeuten.

Prostitution und Corona

Das Angebot von Escort, erotischen Massagen und Sex gegen Bezahlung zählt wirtschaftlich als "körpernahe Dienstleistungen" und fällt damit in die gleiche Schublade wie etwa Friseure oder Tätowierer. Das bedeutete für den Verlauf der Corona-Krise die weitreichendsten Einschränkungen überhaupt. Genau genommen litt die Prostitution sogar besonders hart unter Verboten, da an wirkungsvolle Hygienekonzepte von Seiten der Politik nie wirklich geglaubt wurde. Oftmals wurde die Erotikbranche generell als "Superspreader" abgetan, obwohl niemals anhand von Zahlen nachgewiesen wurde, dass überhaupt jemand durch sexuelle Dienstleistungen infiziert wurde. Bordellbetreiber legten bereits ganz am Anfang der Krise, also im Frühling 2020, ein umfangreiches Hygienekonzept vor, welches sowohl Maskenpflicht als auch Kontaktdatenerhebung einschloss. Fragwürdig waren diese Forderungen des Staates nach Kontrolle trotz gesundheitlicher Krise durchaus, denn allein die Forderung nach Kontaktdatenerhebung stellt einen Verstoß dar gegen Art. 2 GG, nach dem jeder Mensch ein Recht hat auf informelle Selbstbestimmung.

Obwohl dieses Hygienekonzept dennoch problemlos funktionierte, galten für Bordelle und ähnliche Einrichtungen stets strengere Regeln als für andere körpernahen Dienstleistungen und die im Frühling durchgesetzten Schließungen wurden nie umfassend und allgemein aufgehoben.

Wie steht es um die Branche?

Beginnen wir bei der Betrachtung mit dem ersten Lockdown im März 2020. Nachdem dieser überstanden war, gab es für die meisten Branchen wieder eine offizielle Öffnungs-Erlaubnis. Bordelle und freiberufliche Prostituierte bekamen diese Zusage jedoch nicht und so sahen sich viele Betreiber gezwungen, eine Öffnung gerichtlich durchzusetzen. Es kam nach und nach zu immer verwirrenderen Regelungen und Konzepten, die jeweils für einige Wochen galten und zusätzlich je nach Leistungsspektrum und Bundesland anders gestaltet waren. Die allgemeine Verwirrung nahm zu, nach wenigen Wochen oder Monaten des (teilweise) erlaubten Arbeitens kam es zum nächsten Lockdown und zu empfindlichen Folgen für die gesamte Branche.

Da es keine genauen Zahlen gibt, wie viele Menschen tatsächlich im Rotlicht-Business arbeiten, ist das Ausmaß kaum einzuschätzen. Deutlich wird die Not aber zum Beispiel daran, dass der Nothilfe-Fonds vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, welcher 150.000€ umfasste, bereits zu Beginn von Corona ausgeschöpft war. Wer sein Geld mit Sex oder als Escort verdiente, musste sich kreative und individuelle Lösungen überlegen, trotz Verboten noch etwas Geld verdienen zu können. Allen Angestellten von Bordellen bleibt diese Option jedoch genauso verschlossen wie die Türen der Etablissements. Bis heute im Februar 2021 sind immer noch in allen Bundesländern Prostitutionsstätten und ähnliche Einrichtungen offiziell geschlossen. Sexuelle Dienstleistungen im Freiberuf sind nur in wenigen Bundesländern (teil unter Auflagen) erlaubt: In Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

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Folgen für Bordelle

Für Einrichtungen der Sexbranche bedeutet die seit Monaten andauernde Schließung nicht nur akute Probleme. Besonders schlimm ist auch die Unsicherheit, wie lange es noch so weiter gehen soll, denn Aussagen für die Zukunft des Erotikgewerbes mit Corona gibt es keine. Das Geschäft mit dem Sex steht auf wackeligen Beinen, denn immer wieder werden im Zuge der Schließung aufgrund des Virus nun auch politisch Stimmen laut, die ein generelles Verbot der Prostitution fordern. Scheinbar möchten einige Politiker die ohnehin schon bestehenden Schließungen dazu nutzen, die Branche dauerhaft als illegal zu erklären und sind der Meinung, mit dem Sexgewerbe verbundene Kriminalität damit zu beenden. Diese Denkweise ist nicht nur ungleich und kurzsichtig, sondern auch völlig naiv. Denn Kriminalität im Zusammenhang mit Sexualität hat es immer gegeben und wird es immer geben - vor allem aber dann, wenn sexuelle Dienstleistungen wieder in Hinterzimmer und dunkle Gassen verdrängt wird.

So weit wird es zum Glück höchstwahrscheinlich nicht kommen, da die Erotikbranche eine viel zu große ist, die sich schließlich von Massage, über Escort und Pornografie bis hin zur Prostitution über einen extrem breiten Sektor erstreckt. Was jedoch leider immer noch möglich ist und auch praktiziert wird, ist eine Ungleichbehandlung der Branche, wenn zum Beispiel darüber diskutiert wird, dass es keine Corona-Hilfen für Bordelle geben soll, obwohl diese ein gleichwertiger Wirtschaftszweig sind und ebenso Steuern zahlen, wie alle anderen. Die Folgen sind bereits jetzt deutlich absehbar, denn viele Bordellbetreiber mussten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, ihnen kündigen oder sogar in Insolvenz gehen. Wer besonders hart kämpft, konnte zwar hier und da durch Einzelklagen vorübergehende Öffnungserlaubnisse zwischen den Lockdowns erreichen - der Gesamtbranche bringen solche Urteile aber leider wenig, da hier jeder Gewerbetreibende in seinem Bundesland für sich selbst kämpfen muss.

Folgen für die Prostituierten

Nicht nur Bordellbetreiber, sondern vor allem auch freiberufliche Prostituierte leiden unter der Krise und werden damit genauso allein gelassen, wie die meisten Selbstständigen. Sind sie als Solo-Selbstständige angemeldet, stehen ihnen offiziell zwar Corona-Hilfen zu, doch diese lassen seit Monaten auf sich warten, während es in den meisten Bundesländern weiterhin ein unbefristetes Berufsverbot gibt. Schlimmer trifft es SexarbeiterInnen, die sich bei ihrer Steueranmeldung für die Pauschalsteuer entschieden haben, denn diesen steht keine staatliche Hilfe zu und sie bangen um ihre Existenz. Vielen bleibt dann nichts anderes übrig, als illegal weiter zu arbeiten, damit sie ihr Überleben finanzieren können. Das bringt durch die Heimlichkeit natürlich viele Risiken mit sich, da die Treffen zum Sex privat stattfinden müssen und die Prostituierten dadurch keinerlei Sicherheit haben, die sie sich unter normalen Arbeitsbedingungen eingerichtet haben. Sie laufen dadurch nicht nur Gefahr, sich empfindlich strafbar zu machen, sondern sind auch Gewalttaten schutzlos ausgesetzt.

Auch ihnen machen aber besonders die unklaren Perspektiven für die Zukunft zu schaffen. Mit Verboten bis auf weiteres lässt sich nicht kalkulieren, wie lange die Durststrecke noch finanziell überbrückt werden kann und muss. Das bedeutet häufig, dass der Wahlberuf Prostitution aufgegeben werden muss, obwohl er aus eigenem Wunsch und bis vor einem Jahr auch legal und sicher ausgeübt wurde. Mit Sex den Lebensunterhalt zu verdienen ist zu Pandemie-Zeiten also alles andere als einfach und wird durch die ungerecht wertende Politik und verstaubte Ansichten aus der Gesellschaft noch zusätzlich erschwert.

Wir fordern, bereits seit Beginn der Pandemie, dass sämtliche körpernahe und damit auch sexuelle Dienstleistungen unverzüglich geöffnet gehören, denn Escort ist ein Grundbedürfnis und alles andere als ein Super Spreader! Daher unterstützen wir die Kampagne #RotlichtAn